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Tier-Maschine-Interaktion

Definition: Was ist "Tier-Maschine-Interaktion"?

Die Tier-Maschine-Interaktion (TMI), im Englischen "animal-machine interaction" (AMI) genannt, behandelt als Disziplin oder Arbeitsgebiet die Interaktion zwischen Tier und Maschine. Vor allem geht es um Entwurf, Bewertung und Implementierung von komplexen Maschinen und Computersystemen, mit denen Tiere interagieren und die ihrerseits mit Tieren interagieren und kommunizieren. Es bestehen enge Beziehungen zur Tier-Computer-Interaktion (TCI), im Englischen "animal-computer interaction" (ACI). Immer häufiger handelt es sich bei der Maschine um einen Roboter, der entweder ferngesteuert oder (teil-)autonom ist.

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Das Original: Gabler Wirtschaftslexikon

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    Ausführliche Definition im Online-Lexikon

    Inhaltsverzeichnis

    1. Allgemein
    2. Tier-Computer-Interaktion und TMI
    3. Mensch-Maschine-Interaktion und TMI
    4. Maschinenethik und TMI
    5. Animal Enhancement und TMI
    6. Anwendungsgebiete und -fälle der TMI
    7. Kritik und Ausblick

    Allgemein

    Die Tier-Maschine-Interaktion (TMI), im Englischen "animal-machine interaction" (AMI) genannt, behandelt als Disziplin oder Arbeitsgebiet die Interaktion zwischen Tier und Maschine. Vor allem geht es um Entwurf, Bewertung und Implementierung von komplexen Maschinen und Computersystemen, mit denen Tiere interagieren und die ihrerseits mit Tieren interagieren und kommunizieren. Es bestehen enge Beziehungen zur Tier-Computer-Interaktion (TCI), im Englischen "animal-computer interaction" (ACI). Immer häufiger handelt es sich bei der Maschine um einen Roboter, der entweder ferngesteuert oder (teil-)autonom ist. Grundsätzlich sind unterschiedliche Formen von Interaktionen und dazugehörige Vorstufen relevant, selbst im Kontext von Beseitigungs- und Schlachtmaschinen. Allerdings wird die Tier-Computer-Interaktion mitsamt der Tier-Maschine-Interaktion stark von der Verbesserung der Beziehung zwischen Tier und Mensch (hier treten Computer oft als Instrumente und Medien auf) und der Entwicklung tierfreundlicher Maschinen bestimmt.

    Tier-Computer-Interaktion und TMI

    Die Tier-Computer-Interaktion (ACI) wurde von Clara Mancini geprägt, u.a. durch ihre Schrift "Animal-computer interaction: a manifesto". Nach ihr geht es darum, die Interaktionen zwischen Tieren und Computertechnologien im Hinblick auf die Kontexte zu verstehen, in denen jene normalerweise leben, aktiv sind und soziale Beziehungen mit Lebewesen aller Art eingehen. Die Wissenschaftlerin der Open University betont das Zusammenspiel von Tier, Technologie und Kontext und unterscheidet dabei zwischen Individuen und Arten sowie zwischen Typen wie Wild-, Haus-, Arbeits-, Nutz- und Labortieren. In vielen Fällen enthält eine Maschine einen Chip bzw. ein Computersystem. Daher bestehen enge Beziehungen zur Tier-Maschine-Interaktion. Die Forscher im Bereich der ACI bauen Tastaturen und andere Eingabegeräte, mit denen Tiere mit Menschen mit Hilfe technischer Vermittlung kommunizieren können, oder Schnittstellen und Geräte, die den Tieren die Bewegung in und zwischen Artefakten erleichtern.

    Mensch-Maschine-Interaktion und TMI

    Die Mensch-Maschine-Interaktion (MMI), im Englischen "human-machine interaction" (HMI) genannt, behandelt die Interaktion zwischen Mensch und Maschine. Synonym oder mehr auf den Dialog bezogen spricht man auch von Mensch-Maschine-Kommunikation (engl. "human-machine communication"). In vielen Fällen enthält eine Maschine einen Chip bzw. ein Computersystem. Von daher existieren enge Beziehungen zur und erhebliche Überschneidungen mit der Mensch-Computer-Interaktion (MCI), im Englischen "human-computer interaction" (HCI). Zudem versucht man Mensch-Maschine-Interaktion und Tier-Maschine-Interaktion zusammenzubringen. So ersetzt man Menschen bzw. ihre Kommunikations- und Interaktionsformen ganz oder teilweise durch Roboter und testet die Reaktionen von Tieren. In einem Experiment der Yale University wird ein Sitz-Befehl durch einen Lautsprecher und einen Roboter gegeben. Auf den Lautsprecher reagiert der Hund nicht, auf den Roboter so, als wäre dieser ein Mensch.

    Maschinenethik und TMI

    Bei (teil-)autonomen Maschinen wie Agenten, bestimmten Robotern, bestimmten Drohnen und selbstständig fahrenden Autos stellt sich die Frage nach dem adäquaten Design nicht bloß im herkömmlichen, sondern auch im sozialen und moralischen Sinne. Sie sollen sich zum Wohl ihrer Interaktions- und Kommunikationspartner verhalten und diese weder verletzen noch beleidigen. Die Maschinenethik (engl. "machine ethics") begreift Maschinen als unvollständige Subjekte der Moral (da ihnen Bewusstsein, freier Willen etc. fehlen und sie keine Pflichten im engeren Sinne und keine Verantwortung wahrnehmen können), Menschen und Tiere als Objekte. Sie kann, wie die Soziale Robotik, die sich mit (teil-)autonomen Maschinen beschäftigt, die für den Umgang mit Menschen und Tieren gedacht sind, ein wichtiger Partner der Tier-Maschine-Interaktion sein. In diesem Fall resultieren vor allem tierfreundliche Maschinen, z.B. Roboter, die Tiere füttern, unterhalten, zu Bewegungen ermuntern oder Gefahren von ihnen abwenden, die nicht zuletzt durch sie selbst entstehen.

    Animal Enhancement und TMI

    Animal Enhancement – der Ausdruck wurde nach dem Vorbild des "Human Enhancement" kreiert – ist die Erweiterung des Tiers, insbesondere zu seiner scheinbaren oder tatsächlichen Verbesserung in Bezug auf seine eigenen Interessen oder diejenigen des Menschen, etwa in wirtschaftlicher oder wissenschaftlicher Hinsicht. Im Blick sind u.a. Leistungssteigerung, Erhöhung der Lebensqualität und Optimierung der Verwertung. Ausgangspunkt sind wie bei Human Enhancement kranke oder gesunde Lebewesen. Insekten sind genauso Kandidaten wie Amphibien, Reptilien und Säugetiere. Bereits die klassische Züchtung kann als Animal Enhancement angesehen werden. Wichtige neuere Methoden entstammen Pharmazeutik, Gentechnik, Elektro- und Informationstechnik sowie Prothetik. Animal Enhancement ist mit der Tier-Maschine-Interaktion in verschiedener Weise verbunden. Es wird allerdings oft eher zum Wohl des Menschen als des Tiers eingesetzt. Ein Beispiel ist der RoboRoach-Aufsatz für eine Kakerlake, mit dessen Hilfe sich diese steuern lässt.

    Anwendungsgebiete und -fälle der TMI

    Die Tier-Maschine-Interaktion lässt sich verschiedentlich gliedern, etwa nach dem Lebensraum von Individuen und Arten (Haushalt und Garten, Kulturboden und -landschaft, Industrie- und Ballungsgebiete, freie Natur), nach Arten und Typen wie Wild-, Haus-, Arbeits-, Nutz- und Labortieren, nach den Typen von Maschinen (Geräte, Computer, Drohnen, Roboter) oder nach dem Zweck (Schutz, Versorgung, Unterhaltung etc.) und den Funktionen der Maschinen. Bekannte Anwendungsfälle im Haushalt und Garten sind Saug- und Mähroboter, die Insekten und Igel verschonen. Im Falle von Kulturboden und -landschaft sind es Mähdrescher und andere Landwirtschaftsmaschinen, die Rehkitze und andere Wildtiere gefährden. Helfen können vorausfliegende Drohnen sowie Wärmebildkameras oder andere Sensoren und Apparaturen an den Maschinen. In Industrie- und Ballungsgebieten erforscht man Windkraftanlagen, die Vögel und Fledermäuse erkennen und sie scheuchen oder sich selbst abstellen. In der freien Natur spielen Drohnen und Roboter eine Rolle, die Tiere beobachten, überwachen, schützen und versorgen.

    Kritik und Ausblick

    Die Tier-Maschine-Interaktion gewinnt in einer Welt an Bedeutung, in der sich immer mehr ferngesteuerte und (teil-)autonome Maschinen verbreiten, die mit Tieren zusammentreffen. Gestaltung und Betrieb sollten das Wohl von Menschen und Tieren gleichermaßen berücksichtigen. Tierfreundliche Maschinen sind als Prototypen und Produkte vorhanden, und es gibt zahlreiche mögliche Einsatzgebiete und nützliche Lösungen. Sie profitieren von technischen Weiterentwicklungen, etwa im Zusammenhang mit generativer KI. Die Tierethik interessiert sich dafür, wie sich die Pflichten von Menschen gegenüber Tieren verändern, wenn Aktionen auf Maschinen übertragen werden, und wie die Rechte der Tiere gewahrt bleiben können. Die Maschinenethik – z.T. zusammen mit der Sozialen Robotik – versucht Systeme zu schaffen, die Verletzungen und Tötungen von Tieren vermeiden. Die Wirtschaftsethik widmet sich der Verantwortung der Ökonomie und des Konsumenten bei der Entwicklung und beim Gebrauch von Maschinen, die absichtlich oder unabsichtlich auf Tiere treffen.

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