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Square-Root-Law

(weitergeleitet vonQuadratwurzelregel)

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Das Original: Gabler Wirtschaftslexikon

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    Ausführliche Definition im Online-Lexikon

    1. Definition: Die Square-Root-Law (SRL) oder Quadratwurzelregel der Lagerbestandszentralisierung bzw. -dezentralisierung besagt, dass der systemweite Lagerbestand in n dezentralisierten Lagern dem eines einzigen zentralisierten Lagers multipliziert mit der Quadratwurzel der Lageranzahl n entspricht. Mit der SRL können Lagerbestandsveränderungen bei Lagerbestandszentralisierung (Verringerung der Lageranzahl) und Lagerbestandsdezentralisierung (Erhöhung der Lageranzahl) abgeschätzt werden. Die SRL ist populär, weil der jahrzehntelange Trend zur Zentralisierung aufgrund von Lagerhaltungskostenersparnissen und die mittlerweile wegen steigender Transportkosten erwartete und begonnene Redezentralisierung viele Möglichkeiten für ihre Anwendung boten und weiterhin bieten.

    2. Annahmen: Trotz Unstimmigkeit in der Literatur gilt die SRL für den mittleren Lagerbestand (die Bestellmenge dividiert durch zwei) und den Sicherheitsbestand, wenn die jeweiligen Annahmen in der folgenden Tabelle erfüllt sind. Sie gilt für den gesamten Durchschnittsbestand, der Summe aus mittlerem Lagerbestand und Sicherheitsbestand, wenn alle 15 Annahmen in der folgenden Tabelle erfüllt sind.

    Lagerbestandsteil Annahme Beschreibung
    Sicherheitsbestand 1 Die Nachfragen sind unabhängig und identisch verteilte Zufallsvariablen.
      2 Die Nachfragen an den verschiedenen Lagerstandorten sind unkorreliert.
      3 Die Varianz der Nachfragen an den verschiedenen Lagerstandorten ist gleich.
      4 Die Varianz der Lieferantenlieferzeit ist null.
      5 Die durchschnittliche Lieferzeit zu den einzelnen Lagerstandorten ist gleich.
      6 Die Lieferzeiten sind unabhängig und identisch verteilte Zufallsvariablen.
      7 Die Lieferzeiten und Nachfragen sind unabhängig voneinander.
      8 Der Safety-Factor-Approach wird benutzt: Der Sicherheitsbestand wird als Vielfaches (Sicherheitsfaktor) der Standardabweichung der Nachfrage berechnet, das einem bestimmten Servicegrad entspricht.
      9 Die Standorte nutzen denselben Sicherheitsfaktor.
      10 Keine Transshipments: Es werden keine Lagerbestände zwischen den Standorten ausgetauscht bzw. gemeinsam genutzt.
    Sicherheitsbestand / Mittlerer Lagerbestand 11 Die durchschnittliche gesamte Systemnachfrage bleibt gleich nach der Zentralisierung bzw. Dezentralisierung.
    Mittlerer Lagerbestand 12 Die Nachfragen an den verschiedenen Standorten sind gleich.
      13 Es wird eine Economic-Order-Quantity (EOQ)-Bestellpolitik bzw. Economic-Production-Quantity (EPQ)-Produktionspolitik verfolgt.
      14 Die verschiedenen Standorte haben dieselben Lagerhaltungskosten pro Stück.
      15 Die verschiedenen Standorte haben dieselben Fixkosten pro Bestellung bzw. Rüstvorgang.

    3. Erklärung: Die durch die SRL gemessenen Ersparnisse an mittlerem Lagerbestand beruhen auf dem EOQ-Kosten-Effekt oder Bestellmengeneffekt: Wenn die Annahmen 11, 14 und 15 erfüllt sind und eine Lagerbestandspolitik der wirtschaftlichen Bestellmenge (Economic-Order-Quantity (EOQ)) verfolgt wird, sind im zentralisierten System die gesamten Bestellfixkosten üblicherweise niedriger aufgrund von weniger Bestellungen und die Lagerhaltungskosten niedriger wegen einer geringeren gesamten wirtschaftlichen Bestellmenge als im dezentralisierten System.

    Sicherheitsbestandsersparnisse stammen von der Subadditivität der Quadratwurzel, d.h. vom Ausgleich von Nachfrageschwankungen (Demand-Risk-Pooling, siehe Risk-Pooling): Die Variabilität der Nachfrage im zentralisierten System (die Quadratwurzel der Summe der individuellen Nachfragevarianzen an den dezentralisierten Lagerstandorten) ist üblicherweise geringer als die Variabilität der Nachfrage im dezentralisierten System (die Summe der Standardabweichungen der Nachfragen an den dezentralisierten Lagerstandorten). Dies wird auch als Portfolio-Effekt bezeichnet.

    Gesamtkostenersparnisse durch Zentralisierung von Sicherheitsbeständen sind wahrscheinlich größer als die durch Zentralisierung mittlerer Lagerbestände, weil letztere letztendlich zu den Kunden transportiert werden müssen, sodass die zusätzlichen Transportkosten wahrscheinlich hoch sind. Zentralisierte Sicherheitsbestände hingegen müssen nur im unwahrscheinlicheren Fall von Fehlbeständen zu den Kunden transportiert werden, sodass die zusätzlichen Transportkosten relativ gering sind. Wenn sowohl mittlere Lagerbestände als auch Sicherheitsbestände zentralisiert werden, könnten eventuell Lager geschlossen und so Fixkosten gespart werden.

    4. Gültigkeit in der Praxis: Wenn die Annahmen der SRL erfüllt sind, zeigt sie in Abhängigkeit von der Lageranzahl die Lagerbestände, die für die Erreichung eines gegebenen Servicegrads (Produktverfügbarkeit) notwendig sind. Dies bedeutet jedoch nicht, dass eine Verringerung der Lageranzahl Lagerbestände automatisch verringert.

    Trotz Unstimmigkeit in der Literatur zeigt Fallstudien- und Umfrageforschung, dass die meisten Unternehmen die Annahmen der SRL nicht erfüllen und diese folglich nicht mit genauen Ergebnissen anwenden können. Handelsunternehmen scheinen mehr Annahmen zu erfüllen als Produktionsunternehmen, Einzelhandelsunternehmen mehr als Großhandelsunternehmen, Industriegüterhersteller mehr als Konsumgüterhersteller.

    Die Annahmen der SRL von unabhängigen und identisch verteilten Nachfragen (1) und keinen Querlieferungen zwischen Lagerstandorten (Transshipments) (10) scheinen am wenigsten realistisch, die Annahmen von unkorrelierten Nachfragen (2) zwischen Standorten und der Verwendung einer EOQ- oder EPQ-Politik (13) am realistischsten.

    Die Analyse realer Fälle zeigt, dass Unternehmen, insbesondere Handelsunternehmen, die Annahmen eher bei Anwendung der SRL auf den mittleren Lagerbestand erfüllen, obwohl die SRL herkömmlich hauptsächlich für den Sicherheitsbestand betrachtet wurde. Des Weiteren scheint die Mehrheit der Unternehmen eine EOQ- oder EPQ-Politik anzuwenden und erfüllt damit die Hauptannahme der SRL, wenn sie auf den mittleren Lagerbestand angewendet wird.

    Im Wesentlichen bewährt sich die SRL in der Praxis, wenn die Standorte, die konsolidiert oder dezentralisiert werden sollen, ähnlich sind oder ähnlichen Bedingungen unterliegen. Korrelationsanalysen zeigen, dass Unternehmen, die in einem Geschäftsbereich ähnlichen Bedingungen oder einer Standardisierung entgegensehen oder danach streben, dies auch in anderen Bereichen tun und daher die entsprechenden Annahmen der SRL erfüllen. Das bedeutet, dass diese Annahmen komplementär zu sein scheinen.

    Unternehmen mit treuen oder abhängigen internen und externen Kunden mit stabiler Nachfrage unabhängig von Lieferzeiten und Bestandskonsolidierung scheinen andere Politiken vorzuziehen als EOQ und EPQ und daher Annahme 13 eher zu verletzen. Auch neigen Unternehmen, die nach der gleichen Lagerbestandsverfügbarkeit an ihren verschiedenen Standorten streben, eher Transshipments zu nutzen und daher Annahme 10 zu verletzen. Folglich scheinen einige Annahmen der SRL miteinander zu konkurrieren, sodass es schwierig ist, all diese zu erfüllen.

    Wenn ihre Annahmen nicht erfüllt sind, scheint die SRL die Lagerbestandsersparnisse durch Zentralisierung in der Praxis zu überschätzen. Daher sollten Führungskräfte, die Lagerbestandsveränderungen aus Zentralisierungen oder Dezentralisierungen abschätzen wollen, vor der Anwendung der SRL ihre Annahmen sorgfältig prüfen oder auf die Lagerumschlagskurve oder andere Lagerbestandskonsolidierungsmodelle, wie z.B. den Portfolio-Effekt, zurückgreifen.

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